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14. WO DIE EHEN GESCHLOSSEN WURDEN, WIE DER URGROSSVATER ZUR URGROSSMUTTER GEKOMMEN IST

Vor 1870 konnten in Österreich Ehen nur durch den Geistlichen einer anerkannten christlichen Kirche oder einem Rabbi geschlossen werden. Aber darum geht es hier nicht, sondern um die Frage, wo der Urgroßvater die Urgroßmutter kennen- und lieben gelernt hat, wie sie also zusammengekommen sind.

Manche stammten aus der selben Pfarre, kannten sich also von Kindesbeinen an, vom Kirchgang bzw. der Pfarrschule her. Und die aus benachbarten Pfarren kannten sich eventuell von Wochenmärkten, Wallfahrten, Kirtagen (Kirchtagen) oder wechselnden Dienstverhältnissen. Aber es bleibt ein großer Rest, bei dem man sich wundert, wie sie sich finden konnten.

Die Antwort ist recht einfach: Vor etwa 1850 gab es fast ausschließlich arrangierte Ehen. D.h. die Eltern bzw. Vormünder suchten und bestimmten die Ehegesponse ihrer Kinder. Eheabreden wurden oft schon Jahre vor der Hochzeit getroffen und im Mittelpunkt standen fast immer wirtschaftliche Interessen. Das Hauptziel dabei war es, nicht sozial abzusteigen, also nicht "unter dem Stand" zu heiraten. Weit wichtiger als Liebe oder Zuneigung war es, daß die Kinder ökonomisch zusammenpaßten. Denn schließlich galt es ja einen Handwerksbetrieb oder eine Bauernwirtschaft (weiter) zu führen. Die Eltern bzw. Vormünder bedienten sich dabei oft professioneller Heiratsvermittler. Das waren oft Wanderhändler, die berufsbedingt weit herumkamen und - natürlich gegen entsprechendes Entgelt ("Kuppelpelz") - Ehen vermittelten. Diese "Kuppler" genossen meist kein hohes Ansehen, trotzdem bediente man sich ihrer. Den verkuppelten Kindern blieb meist nichts anderes übrig, als sich in ihr Schicksal zu fügen. Es war zwar möglich, sich scheiden zu lassen, aber Wiederverheiratungen waren bei Katholiken erst nach dem Tod des Ehepartners möglich.

Dieses Prinzip der arrangierten Ehen galt durchaus auch bei den zahlreichen Witwen- und Witwer-Hochzeiten. Auch hier bediente man sich dieser Kuppler und auch hier standen ökonomische Fragen im Vordergrund. Schließlich war eine Ehe ja in erster Linie eine ökonomische Verbindung und der Handwerksbetrieb bzw. die Bauernwirtschaft mußte ja weiterlaufen, bereits vorhandene Kinder betreut werden. Deshalb waren Wiederverheiratungen binnen 5 oder 6 Monaten durchaus üblich.

Erst mit der Romantik des 19. Jahrhunderts, bzw. mit den damals beginnenden gewaltigen wirtschaftlichen Umwälzungen (Industrialisierung, Landflucht, Verstädterung, Gewerbefreiheit, Ende der Grundherrschaften ...) begann dieses System langsam zu bröckeln. Bedingt durch diese geänderten wirtschaftlichen Gegebenheiten spielte in den Städten die "Neigungsehe" eine immer größere Rolle. Und allmählich drang dieser Wechsel auch auf das flache Land vor. Aber noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren arrangierte Ehen bei der bäuerlichen Bevölkerung Niederösterreichs durchaus üblich. 

Wie war es bei den anderen sozialen Schichten?
Bis ins 19. Jahrhundert waren Ehen zwischen Dienstboten meist verboten, weil die Obrigkeit (Grundherrschaft bzw. Magistrat) befürchtete, deren Kinder könnten der Allgemeinheit zur Last fallen. Dienstboten konnten aber durchaus in Bauernwirtschaften einheiraten und Mägde auch bei Handwerkern. Nach Kriegen, Naturkatastrophen und Seuchen wurden oft auch Dienstbotenhochzeiten zugelassen, um die dezimierte Bevölkerung wieder aufzufüllen.
Mit den Reformen des 19. Jahrhunderts und der raschen Zunahme der Arbeiterbevölkerung fielen allmählich alle Ehebeschränkungen. Diese Ehen wurden meist über die Familien, aber auch Arbeitskollegen und Freunde vermittelt.

 

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